Seit Freitag gilt nun also die sagenumwobene Datenschutz-Grundverordnung – kurz DSGVO.
Die Verunsicherung ist groß – irgendwie scheint niemand so genau zu wissen, was konkret nötig ist, um die eigene Website datenschutzkonform zu betreiben.
Viele Blogger geben im Angesicht der Überforderung und der vielen Unklarheiten auf und schalten ihre Blogs ab. Auf dieser Seite findet man eine Liste mit 320 Blogs, die innerhalb der ersten 24 Stunden nach Inkrafttreten der DSGVO offline gegangen sind.
Grund dafür ist die Angst vor Abmahnungen, die momentan wie ein Schreckgespenst durchs Internet geistert.
Aber ist diese Angst wirklich begründet?
Wird es eine Abmahnwelle geben?
Zu dieser Thematik gibt es ein paar interessante Artikel im Internet.
So schreibt zum Beispiel der Anwalt Dr. Carsten Ulbrich:
„Entgegen einem immer noch verbreiteten Irrtum können auch Rechtsanwälte Rechtsverstöße im Internet nicht „einfach so“ abmahnen, sondern nur, wenn sie jemand vertreten, der aktivlegitimiert (sprich anspruchsberechtigt) ist.“
Desweiteren erklärt er:
„Das entscheidende Argument findet sich nämlich in Art. 80 Abs.2 DSGVO . Nach dieser Vorschrift soll die Datenschutzgrundverordnung die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die DSGVO abschließend regeln (vgl. KöhlerBornkammFeddersen/Köhler UWG § 3a Rn. 1.40a). Da Unterlassungsansprüche der Wettbewerber in der DSGVO als mögliche Rechtsfolgen aber nicht vorgesehen sind, muss man richtierweise davon ausgehen, dass wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüchen mangels Anspruchsberechtigung der Wettbwerber eben auch nicht begründet werden können.
Gemeinsam mit einigen gewichtigen Aussagen in der Kommentarliteratur bzw. der Einschätzung einiger geschätzterKollegen bin ich daher der Auffassung, dass DSGVO-Verstöße allein deshalb keine (abmahnfähigen) Wettbewerbsverstöße darstellen, weil das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) aufgrund der zwingenden Regelung des Art. 80 Abs.2 DSGVO schlicht nicht eingreift.“
Den gesamten Text könnt ihr hier lesen.
Auch in einem Artikel der Website Gründerszene wird es ähnlich beschrieben: Es wird keine „Abmahnwelle“ durch die DSGVO geben – sagen Abmahnanwälte.
Tatsache ist ja auch, dass es nicht erst seit der DSGVO die Möglichkeit gibt, abgemahnt zu werden.
Beispielsweise ist es schon lange Pflicht, ein vollständiges Impressum zu haben – und trotzdem habe ich immer wieder Blogs gesehen (und nicht wenige!) die entweder gar keins oder ein völlig unzureichendes hatten.
Wieviele von denen sind tatsächlich abgemahnt worden?
Wenn man die Sache einfach mal mit gesundem Menschenverstand betrachtet, halte ich es sowieso für unwahrscheinlich, dass in der nächsten Zeit kleine Blogger und andere Kleinunternehmer in dieser Hinsicht angegriffen werden.
Vor allem aber wird wohl kaum als erstes Tante Erna mit ihrem Strick-Blog abgemahnt, die die DSGVO so gut es ihr möglich war versucht hat umzusetzen und dabei drei Cookies vergessen hat.
Und selbst wenn: zum einen heißt es seitens der EU, dass es eine klare Reihenfolge der Konsequenzen bei Verstößen gegen die DSGVO gibt. Das heißt, zunächst kommt eine Verwarnung; dann hat man innerhalb einer Frist die Möglichkeit die Verstöße zu beheben; und erst dann – wenn man bis dahin alle Forderungen ignoriert hat – käme die Geldstrafe.
Und auch hier ist das Stichwort „Verhältnismäßigkeit“. Die berühmten 20 Millionen Euro gelten sicher nicht für Tante Erna, die mit ihrem Blog ein paar Euro verdient.
Fazit: Wenn ihr euch ein bisschen mit der DSGVO beschäftigt habt, eine halbwegs vernünftige Datenschutzerklärung habt und das umgesetzt habt, was euch möglich war, seid ihr meiner Meinung nach auf der sicheren Seite.
Die skurrilen Folgen der DSGVO
Überhaupt ist die neue Datenschutz-Grundverordnung in meinen Augen am Ziel vorbeigeschossen. Durch die durchweg schwammigen Formulierungen und das über-einen-Kamm-Scheren von großen Internetkonzernen und kleinen Seitenbetreibern sind die Folgen nicht nur verheerend, sondern teilweise skurril.
Einige US-amerikanische Seiten (wie z.B. die Website der LA Times) sind seit Freitag für Nutzer aus der EU gesperrt; Twitter löscht haufenweise Accounts und TV-Übertragungen müssen abgesagt werden.
So hat die FAZ in einem Artikel mal die kuriosen Folgen der DSGVO gesammelt: Was der neue Datenschutz angerichtet hat.
Einen sehr schönen Rant über die DSGVO findet man auch bei t3n: Warum die DSGVO eine Datenschutz-Karikatur ist (mit einer wunderbaren Analogie zu Douglas Adams “Per Anhalter durch die Galaxis”!)
Natürlich ist Datenschutz wichtig und ich bin der Meinung, dass jeder, der mit fremden Daten in irgendeiner Form umgeht, dies sorgsam tun muss.
Aber ob die DSGVO hier das Maß aller Dinge ist, bleibt zweifelhaft.
Dennoch ist es jetzt nunmal Gesetz und jeder, der einen öffentlichen Blog oder eine andere Website betreibt, muss sich daran halten und die (konfusen) Forderungen umsetzen.
Deshalb habe ich zum Schluss noch eine kleine Linksammlung für euch mit den Seiten, die mir am meisten bei der Umsetzung der DSGVO geholfen haben.
Linksammlung zur DSGVO
- Datenschutzerklärungs-Generator von Rechtsanwalt Dr. Schwenke | erstellt mit ein paar Klicks eine DSGVO-konforme Datenschutzerklärung (kostenlos für Privatpersonen und Kleinunternehmer)
- Facebook-Gruppe DSGVO für Blogger und Online-Unternehmer | viele gute Tipps und Hilfen zu allen möglichen Themen
- DSGVO-Checkliste für Blogger und Online-Unternehmer von Blogmojo
- DSGVO für Blogger – Checkliste und Linksammlung von Blogyourthing
- DSGVO Checkliste für Blogger von datenschmutz.net
Ich hoffe die Links helfen euch ein bisschen weiter!
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